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TV: Bericht der Turnfahrt 18. / 19. Sept. 2010

28.10.2010 08:22:54

Es war ein herrlicher Samstagmorgen, als sich um 05:00 Uhr die ersten Turner im Restaurant Landhaus in Basadingen einfanden, um die diesjährige Turnfahrt mit einem „Kafi Lutz“ einzuläuten. Gemäss den vorangegangenen Verlautbarungen unseres Organisators Dani Schmid, konnten wir uns auf eine lockere und erlebnisreiche Turnfahrt freuen. Da auch das Wetter mitspielte, stand unserem Glück also (theoretisch) nichts mehr im Wege. Doch wie man im Volksmund gerne sagt: „Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt“…
Frohen Mutes liessen wir uns mit dem Postauto von Basadingen an den Bahnhof Diessenhofen chauffieren, wo uns die restlichen Turnerkollegen begrüssten. Beim obligatorischen Frühbier genossen wir die Zugfahrt nach Schaffhausen, wo auch noch der letzte Turner zu uns stiess. Mit 12 Personen war die diesjährige Turnfahrt-Gruppe zwar etwas kleiner als in den Vorjahren, doch hinderte uns dieser Umstand nicht daran, die weitere Reise gut gelaunt in Angriff zu nehmen. Mit der Deutschen Bahn gondelten wir los nach Neustadt im Schwarzwald. Während sich die meisten von uns im Zug mit Snacks und Sandwiches stärkten, bekundeten einige Turnerkollegen etwas Mühe mit dem „Kafi Lutz“ und dem Bier am Morgen. Nun, ein flüssiges Frühstück ist eben nicht jedermanns Sache.
In Neustadt angekommen, marschierten wir zu einem Sportgeschäft, wo wir auf unser nächstes Transportmittel umsattelten. Da auch der Turnverein offen für neue Innovationen ist, hat sich unser Organisator für eine Turnfahrt mit dem „Flyer“ entschieden. Die „Flyer“ sind Velos, welche zusätzlich über einen Akku verfügen und mittels eines kleinen Elektromotors das mühsame Treten erleichtern. Insbesondere der Fahrt bergauf ist diese Unterstützung sehr angenehm und hilfreich. Da wir bei dem Sportgeschäft noch etwas warten mussten, bevor die Reise weitergehen konnte, deckten sich einige bei der nahegelegenen Tankstelle mit etwas Proviant ein. Andere betätigten sich als Gentlemen und putzten die Frontscheiben der Autos, welche an den Tanksäulen standen. Selbstverständlich nur bei den Autos mit weiblichen Insassen!
Kurze Zeit später war es dann so weit. Jeder von uns konnte seinen „Flyer“ in Empfang nehmen, die ersten Fahrversuche auf dem Areal des Sportgeschäftes tätigen, und schon ging’s los in Richtung Titisee. Dank der Unterstützung unserer Motoren kamen wir sehr gut voran und erreichten Titisee in Rekordzeit. Es schien ganz so, als dass sich die Prophezeiung von einer lockeren Turnfahrt erfüllen würde. Nach einer kurzen Rast erreichten wir die Brauerei Rogg, wo uns eine leicht verärgerte Dame mit den Worten begrüsste, dass wir verspätet seien und dass die Führung der Brauerei bereits begonnen habe. Unbeeindruckt von diesem unfreundlichen Empfang schlossen wir uns an die wartende Reisegruppe an und liessen uns die Geschichte und Spezialitäten der Brauerei erklären.
Danach war Mittagszeit und wir stärkten uns mit guter Hausmannskost im Restaurant der Brauerei. Da wir jedoch fast eine Stunde auf unser Essen warten mussten, gerieten wir etwas in Verzug und brachen nach dem Essen sehr bald auf. Dies war der Beginn unserer Odyssee.
Gemäss unserem Organisator stand uns ein etwa 40 Km langer Weg bevor. Entlang des Schlauchsees sollte uns dieser Weg nach Bernau und danach in die Krunkelbachhütte führen, wo wir für die Nacht einquartiert werden. Gemäss Landkarte sollte diese Route über bequeme Landstrassen führen und keinerlei Schwierigkeiten beinhalten. Doch die Realität hielt ein paar bösartige Überraschungen für uns bereit! Wir mussten feststellen, dass die Beschriftung der Velorouten nicht überall gleich gut ersichtlich war. Und so kamen wir mehrmals vom rechten Weg ab oder fuhren in eine Sackgasse, welche mitten im Wald endete. Dies kostete uns Zeit, Kraft und Nerven. Doch damit nicht genug. Als erfahrene schweizer Berggänger mussten wir schmerzlich zur Kenntnis nehmen, dass es auch ausserhalb der Schweiz Berge gibt, welche mit dem Velo eine echte Herausforderung darstellen. Der aufmerksame Leser wird nun beanstanden, dass wir ja Elektromotoren an unseren Velos hatten und dass steile Berghänge somit keine Herausforderung darstellen sollten. Dies ist theoretisch auch richtig. Doch wie so oft gibt es zwischen Theorie und Realität eine breite Kluft. Denn die Akkus unserer „Flyer“ waren bei den steilen Bergstrassen nur allzu schnell leer! Und so begann schon nach nicht einmal der Hälfte der Strecke für viele von uns das kräfteraubende Schieben des Velos. Da die „Flyer“ sehr robust gebaut sind und der Akku zusätzliches Gewicht bedeutet, war an ein entspanntes Fahren nicht mehr zu denken. Hinzu kam, dass der Widerstand des Motorengetriebes eine Bremswirkung hatte, was ein Vorwärtskommen zusätzlich erschwerte. Somit war es nicht mehr möglich, den Berg hinauf zu fahren. Selbst wenn die Strasse fast keine Steigung hatte und es den Anschein erweckte, als verliefe der Weg praktisch flach und eben, war an ein Fortkommen AUF dem Velo nicht zu denken. Es blieb uns nur das schwerfällige stossen unserer Drahtesel.
 

Was muss dies doch für ein erbärmlicher Anblick gewesen sein: 12 Turner stossen im Hochschwarzwald ihre Velos kontinuierlich den Hang hinauf!
 

Dies war in der Planung unseres Organisators natürlich nicht einberechnet und schon bald mussten wir einsehen, dass wir niemals pünktlich um 17:00 Uhr in der Krunkelbachhütte ankommen würden. Eine Gruppe entschloss sich sodann, auf der Passhöhe „Äule“ eine Rast im Restaurant einzulegen, da wir sowieso nicht mehr pünktlich sein würden. Die zweite Gruppe wollte dies jedoch nicht wahrhaben und fuhr ohne Rast weiter, in der Hoffnung, vielleicht doch noch das Ziel zu erreichen, bevor die Sonne untergeht.
Fortan kämpften sich die zwei Gruppen getrennt zum Ziel, wobei natürlich keiner den richtigen Weg kannte. Dass sich in der Folge beide Gruppen einige Male verfuhren, war eigentlich vorauszusehen und führte unweigerlich zu weiteren Verspätungen. Über Hügel und durch Täler schoben sich die zwei Gruppen voran und langsam näherte sich die Sonne dem Horizont. Die anfänglich fröhliche Stimmung auf der Turnfahrt schied allmählich dahin und Frust, Resignation und Erschöpfung übernahmen das Zepter. Da wir uns alle auf eine „lockere“ Turnfahrt vorbereitet hatten, waren auch unsere Vorräte an Essen und Getränken knapp bemessen und so war eine Stärkung der schwindenden Kräfte nicht mehr möglich.
Die erste Gruppe hatte Bernau mittlerweile erreicht und quälte sich die Serpentinen zur Krunkelbachhütte hinauf. Zäh, verbissen, leicht gehässig und völlig erschöpft erreichten sie um ca. 21:00 Uhr die Berghütte, wo sie eine bereits leicht panische Hüttenwirtin begrüsste. Nachdem man die Hüttenwirtin über den Grund der Verspätung aufgeklärt hatte, musste schnellstens ein Auto organisiert werden, um einen Turner einzusammeln, welcher mit den Strapazen des letzten Aufstieges nicht mehr fertig geworden war und auf halbem Weg im Strassengraben lag. Die Hüttenwirtin organisierte daher ihren Sohn, welcher mit dem Auto den verlorenen Turner einsammelte und zur Hütte brachte.
Doch was war mit der zweiten Gruppe? Nun, da der Schreibende selbst Mitglied dieser Gruppe war, wird nicht weiter auf die tragischen Erlebnisse dieser Gruppe eingegangen. …
Nun gut, um der Nachwelt keine spannende Geschichte vorzuenthalten, werde ich von den Ereignissen erzählen, welche der zweiten Gruppe wiederfuhren.
Nach einer kleineren Irrfahrt bei einbrechender Dunkelheit war auch die zweite Gruppe im Tal angelangt und sah dem letzten Aufstieg zur Krunkelbachhütte entgegen. Doch welcher Weg war denn nun der richtige? Wir entschlossen uns, einen direkten Weg durch den Wald zu suchen, um in der Dunkelheit keine unnötigen Umwege mehr zu fahren. Da wir die Velos sowieso stossen mussten, machte es keinen Unterschied, ob wir einen langen steilen Weg, oder einen kürzeren, dafür sehr steilen Pfad hinaufkrochen. Wir entschieden uns also für letzteres und mussten bald feststellen, dass ein Vorwärtskommen über ausgetretene, steinige Wanderwege nur sehr langsam möglich war. Ausserdem wurden die Pfade, auf welchen wir uns vorwärts schoben, immer steiler und unwegsamer. Selbstverständlich funktionierten die Lampen an den Velos mit leeren Akkus auch nicht mehr und wir sassen sprichwörtlich alleine im dunklen Wald fest. Die Stimmung hatte ihren Tiefpunkt erreicht und ausser einigen stöhnenden bzw. krächzenden Tönen war jegliche Unterhaltung zwischen den Turnen verstummt. Jeder verfluchte innerlich den Umstand, dass er auf diese Turnfahrt mitgekommen war und wohl so mancher Schwur wurde abgelegt, NIE wieder auf eine Turnfahrt zu gehen. Physisch und psychisch völlig am Ende hatte die zweite Gruppe um 21:30 Uhr eine Wegkreuzung auf einer kleinen Waldlichtung erreicht. Einige dachten da bereits laut darüber nach, ob es wohl irgendwo feuchte Steine gebe, welche man abschlecken könnte, um wenigstens etwas Wasser zu bekommen. Doch aufgrund mangelnder Lichtquellen wäre die Suche sowieso aussichtslos gewesen. Also beriet man sich über das weitere Vorgehen. Nach der Konsultation modernster Mobilfunktechnik hatten die wir erfahren, dass die erste Gruppe seit einiger Zeit in der Berghütte angekommen war und dass wir völlig am falschen Ort seien. Keiner von uns hatte wirklich Lust, im Wald zu übernachten. Doch ein weiterer Marsch durch den Wald zur Berghütte erschien ebenso wenig machbar. Also griff man nochmals zum Mobiltelefon und übermittelte der Hüttenwirtin die Koordinaten des momentanen Standortes mit der Bitte um Abholung. Erneut wurde der Sohn der Hüttenwirtin mit einem kleinen Traktor losgesandt, um die verlorenen Seelen im Wald abzuholen. Während die Hilfe nahte, suchten wir nach trockenen Ästen und es gelang uns sogar erstaunlich schnell, ein wärmespendendes Feuer zu entfachen. Nach und nach wurde aus dem kleinen Feuer ein ansehnlicher Funke und zum ersten Mal seit mehreren Stunden Plackerei drang wieder etwas Behaglichkeit in die betrübten Herzen der Turner. Während die Zeit verstrich, nahte der Traktor. Um 22:00 Uhr konnten wir dann unsere „Flyer“ auf den Anhänger der rettenden Fahrgelegenheit verladen, nachdem wir uns noch ein letztes Mal und mit letzter Kraft einige Meter den Berg hinauf zum Traktor gequält hatten.

 

 
In der Krunkelbachhütte auf 1294 m.ü.M angekommen, wurde zuerst der übermenschliche Durst gestillt, bevor wir uns über die Reste des herzhaft leckeren Abendessens hermachten. Die erste Gruppe hatte bereits gegessen und die Hüttenwirtin war so freundlich, das Abendessen extra für uns nochmals herzurichten.
Nachdem unsere Mägen gefüllt waren, wartete ein echtes Highlight auf uns. Auf der Aussenterrasse der Berghütte befand sich ein riesiger Whirlpool für acht Personen. Zugegeben; nur mit einer Badehose bekleidet ins Freie zu treten um zu dem Whirlpool zu gelangen war angesichts der sehr kalten Aussentemperaturen schon fast eine Folter. Doch nach den Erlebnissen des heutigen Tages konnte uns nichts mehr schockieren. Vermutlich wären wir unter diesen Umständen auch in den herrlich warmen Whirlpool gegangen, wenn darin ein Schwarm ausgehungerter Piranhas auf uns gewartet hätte.

 

 

Durch die unvorstellbar wohltuende Entspannung im Pool hatte das Sandmännchen leichtes Spiel und schon um 23:00 Uhr begaben sich die meisten Turner in den Schlafsaal. Dieser war eine Scheune, auf deren Boden einzelne Matratzen lagen. Da es sich jedoch nur um eine einfache, nicht isolierte Scheune handelte, zog der eisige Wind durch die Spalten in der Scheunenwand und fiel über die Schlafenden her. Manch ein Turner hatte lediglich einen leichten Schlafsack dabei und musste in der Nacht auf zusätzliche Hilfsmittel zurückgreifen, um in der Nacht nicht zu erfrieren. So wurden sämtliche Tücher, Decken, Kissen, ja sogar die Handtücher aus den Toiletten dazu verwendet, die durchfrorenen Turner warm zu halten.
Am Sonntagmorgen begrüsste uns um 07:30 Uhr ein strahlend blauer Himmel über dem Schwarzwald. Alle Teilnehmer dieser Odyssee waren nun wieder gut gelaunt und hätten eigentlich Lust gehabt, den zweiten Teil dieser Turnfahrt in Angriff zu nehmen. Wären da nur nicht zwei Dinge gewesen: Erstens hatte so ziemlich jeder von uns irgendwo schrecklichen Muskelkater und zweitens mussten wir uns heute nochmals mit diesen „verfl*****n“ Velos herumschlagen. Glücklicherweise konnten wir wenigstens unsere Akkus während der Nacht laden, so dass wir endlich auch wieder FAHREN konnten!

 

 
Nach dem ausgiebigen Frühstück verabschiedeten wir uns von der Krunkelbachhütte und donnerten auf rutschigen Kiesstrassen nach Bernau, wo wir eine kurze Rast einlegten. Da wir nun etwas weiser waren, nahmen wir nicht mehr den direkten Weg nach Titisee (welcher uns wieder über einige Passstrassen gejagt hätte), sondern fuhren über weitaus angenehmere (weil weniger steile) Strassen. Da es an diesem Tag mehrheitlich bergab ging, hielten auch unsere Akkus durch, bis wir um 12:30 Uhr Titisee erreicht hatten. Dort angekommen hatte unser Organisator den nächsten Höhepunkt unserer Reise parat: Grillieren auf dem Titisee! In komplett runden Booten mit Elektromotor fuhren wir auf den See hinaus. In der Mitte dieser Boote war ein runder Grill, welcher bereits eingefeuert war. Zudem waren Würste, Steaks, Salat, Kartoffeln und Getränke an Bord, so dass wir ein unvergessliches Mittagessen geniessen konnten, während wir uns umhertreiben liessen.
Zwar hatte der Vermieter dieser Boote wohl etwas Mühe mit dem Herrichten des Essens gehabt (es war nicht so viel Essen an Bord, wie man uns versprochen hatte). Doch dies tat keinen Abbruch an der ausgelassenen Stimmung auf den Booten.

 

 
Schon bald wurde über die Strapazen des Vortages herzhaft gelacht und so mach selbstironischer Spruch machte die Runde. Wir wissen jetzt: „Wer seinen Flyer liebt, der schiebt“. Um 14:00 Uhr verliessen wir unsere schwimmenden Fressinseln und nahmen den letzten Teil unserer Reise unter die Räder. Da wir am Ufer des Titisees bei einem offiziellen „Flyer“ – Vermieter unsere alten Akkus gegen frische austauschen konnten, hatten wir auf den nächsten Kilometern nach Neustadt keine Probleme mehr. In Windeseile hatten wir diese Strecke zurückgelegt und gaben die Velos dankbar ab. Sicherlich schworen sich einigen von uns, nie wieder auf einen „Flyer“ zu sitzen……!
Der Rest des Tages verlief weitgehend unspektakulär. So fuhren wir von Neustadt wieder mit dem Zug in Richtung Schaffhausen und weiter nach Diessenhofen, während wir bei geselliger, aber auch relativ erschöpfter Stimmung die letzten Stunden dieser Turnfahrt genossen. In Diessenhofen angekommen, verabschiedete sich die Turnerschar und jeder machte sich auf den Nachhauseweg.
Nun, was ist das Fazit dieser Turnfahrt: 1. In fremden Ländern sollte man sich nicht auf die Landkarten verlassen und spätestens dann misstrauisch werden, wenn eine Landkarte keine Höhenlinien aufweist. 2. Vertraue nie darauf, wenn jemand sagt, dass es „locker“ wird. 3. Nimm immer genug Proviant und gute Ausrüstung mit (du weisst nie, ob du nicht plötzlich im Wald übernachten musst). 4. Gehe NIEMALS mit einem „Flyer“ auf eine Velotour im Gebirge!!!
Schlussendlich bleibt mir nur noch zu sagen, dass diese Turnfahrt rückblickend ein wirklich einmaliges Erlebnis war (denn ich hoffe innbrünstig, dass ich solche Quälereien nie mehr erleben muss). Natürlich bleibt dem Menschen nur das Gute in Erinnerung und so kann ich trotz aller Strapazen auch behaupten, dass es viele gemütliche und schöne Stunden gab, welche nicht vergessen werden dürfen. Und natürlich möchte ich an dieser Stelle unserem Organisator Dani Schmid danken. Auch wenn es auf dieser Turnfahrt einige unvorhergesehene Probleme gab, so war die Reise dennoch gut organisiert und ein voller Erfolg, da wir alle wohlbehalten und um viele unvergessliche Erlebnisse reicher zurückgekommen sind.
 

Gregor Itel

 

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